Harzdorf

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derzeit unbesetzt

 

Nach den Hussitenkriegen waren ganze Landstriche entvölkert. Die Grundherren Nordböhmens, die Bibersteine, suchten nach neuen Einnahmequellen. So schickten sie Dienstmannen, die sog. Lokatoren in bewohnte Gegenden, um dort nachgeborene Bauernsöhne für die Gründung erbuntertäniger Dörfer zu rekrutieren. Durch diese Aktion entstanden seit 1450 in der Herrschaft Reichenberg 20 neue zweireihige Waldhufendörfer, unter ihnen Hartmannsdorf, das spätere Harzdorf, das 1522 erstmals im Friedländer Stadtbuch genannt wird. Auf dem Grundplan von 1560 des Reichenberger Stadthauptmanns Joachim Ulrich von Rosenfeld hat Harzdorf nur noch 12 der ursprünglichen 14 Handgüter. Zwei der Güter auf der sog. Schattenseite, wo das Gelände sehr steil ist, waren bereits anderen Gütern auf der “Sonnenseite” einverleibt worden. Das größte Gut war der sog. Oberhof des Harzdorfer Scholzen, eines Nachfolgers des Lokators und Dorfgründers Hartmann, das Handgut Nr. 6 mit dem Kretscham. Im Josefskataster von 1772 bekam das Anwesen die Haus-Nr. 57. Die Scholzen hatten die niedere Gerichtsbarkeit inne und mußten für die Leistung der Hand- und Spanndienste bzw. für die pünktliche Ablieferung des “Zehents”sorgen, des zehnten Teils der Erträge der Handgüter. Die Halsgerichtsbarkeit für Kapitalverbrechen oblag dem Grundherrn bzw. seinem Stellvertreter. 1781 wurde die Erbuntertänigkeit der Bauern aufgehoben. Die Feld- und Auengärtner hatten seit den Zeiten Albrechts von Waldstein Webstühle in ihren Stuben stehen. Sie konnten vom Ertrag ihrer kleinen Grundstücke nicht leben. Viele arbeiteten als Strumpfstricker, Strumpfwirker oder als Holzknechte in den Wäldern des Grundherrn. Seit 1824 nahm die Industrialisierung zu. Sie ist der Wasserkraft des Harzdorfer Baches zu verdanken, wo aus ehemaligen Mahlmühlen die ersten Fabriken entstanden Als Folge arbeiteten bald gut zwei Drittel der Harzdorfer als Fabrikarbeiter. Die übrigen waren Bauern und kleine Gewerbetreibende. 1850 wurde die Patrimonialgerichtsbarkeit der Grundherren aufgehoben. Die Scholzen wurden durch Gemeindevorsteher ersetzt. Die Rechtsprechung oblag künftig dem Kreisgericht in Reichenberg. 1860 wurde in Harzdorf die mit viel Eigenarbeit und Spenden ermöglichte Filialkirche Mariä Himmelfahrt geweiht. 1861 wurde bei der Kirche der Kalvarienberg angelegt, 1881 der Friedhof in der Nähe der Kirche. (Der erste 1835 vom Reichenberger Dechanten genehmigte Friedhof hatte an einem ungünstigen Ort, nämlich einer nassen, steilen Berglehne seinen Platz gehabt.) 1886 wurde die neue Harzdorfer Schule eingeweiht. 1892 erhielt Harzdorf ein K.K. Postamt, 1897 ein K.K. Telegraphenamt und eine Telephonverbindung, 1906 elektrische Beleuchtung. Als Folge des 1. Weltkriegs wurde 1918 gegen den Willen der Bewohner Deutschböhmen der 1. Tschechoslowakischen Republik einverleibt. 1929 errichteten die Harzdorfer ihren im 1. Weltkrieg gefallenen Söhnen ein Kriegerdenkmal am Kalvarienberg. 1939 kamen die deutschsprachigen Gebiete durch das sog. Münchner Abkommen zum “Dritten Reich” Adolf Hitlers. Harzdorf war bereits am 1. Mai 1939 nach Reichenberg eingemeindet worden. 1945/46 wurde durch die Beneschdekrete die deutsche Bevölkerung Böhmens, Mährens und Sudeten-Schlesiens enteignet und vertrieben. Ihre Vorfahren hatten seit mehr als 500 Jahren dort gelebt. Die 2. Tschechoslowakische Republik bediente sich bei der Ausweisung eines Gesetzes der K und K. Österreichischen Monarchie, nach dem die “Expatriierung wegen Mittellosigkeit und Landstreicherei”, mit dem tschechischen Terminus technicus ODSUN genannt, erlaubt war. Durch die Enteignung waren die Menschen ja mittellos und wohnungslos geworden! Alle über das Lager Habendorf ausgesiedelten Bewohner von Reichenberg – Stadt und Land – erhielten den dicken roten Stempel ODSUN auf ihre Geburtsurkunden…

Ilse von Rohrscheidt

Harzdorf mit Landkarte

 

 

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Die Talsperre bei Harzdorf war ein um 1900 errichtetes Bauwerk. Lesen Sie hier mehr Talsperre Harzdorf

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