Bericht Nr. 81 – Justine Pilz 1946

Bericht Nr. 81

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Behandlung von Kranken
Berichterin: Justine Pilz Bericht vom 15. 10. 1946 (Reichenberg)

 

Lage von ReichenbergIm Mai 1945 war ich im Reichenberger Kriegslazarett tätig. Nach der Kapitulation wurden die deutschen Verwundeten auf die Straße gesetzt und mißhandelt, sodaß viele ums Leben kamen. Ich selbst habe solche Verwundete, die bein- oder armamputiert waren, in furchtbar verprügeltem Zustand gesehen. Auch aus den Zivilkrankenhäusern wurden alle Deutschen ohne Rücksicht auf ihren Zustand herausgesetzt.

Dr. Posselt, der dort arbeitete, hat mir selbst erzählt, daß eine Frau während der Entbindung aus dem Krankenhause mußte. Im Juni wurde in einer Schule ein Hilfskrankenhaus für Deutsche eingerichtet, an dem ich Oberschwester war. Dorthin wurden die bei Gericht und in den Lagern mißhandelten Deutschen eingeliefert. Darunter waren viele, die kurz nach der Einlieferung ihren Verletzungen erlagen. Es wurden auch viele eingeliefert, die bald darauf an Erschöpfung oder Unterernährung starben. Oft mußten aus diesem Krankenhause Leute entlassen werden, die noch gar nicht entlassungsfähig waren und oft schon nach 2-3 Tagen in sterbendem Zustand wieder eingeliefert wurden. Es gab 6-7 Todesfälle täglich. Die Toten mußten in einem Holzschupfen niedergelegt werden, wo sie oft von Ratten angefressen wurden. Alle meine Bemühungen, Mißstände abzustellen und die Lage der Kranken zu verbessern, waren erfolglos. Eine Besserung trat erst im Juli 1946 ein.

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